Skifahrerinnen und Skifahrer gehen in die Berge um sich in der meist noch unberührten Natur vom Alltagsstress zu erholen. Manche suchen das Abenteuer fernab von Zivilisation und Alltag. Andere gehen nur für ein Wochenende und wollen möglichst viel Spaß.
Gerade der Skitourismus hängt hochgradig von einer intakten Bergumwelt ab, was diese umso mehr schützenswert macht. Langjährige Berggängerinnen und -gänger sind sich bewusst, dass sie sich in einer fragilen Landschaft bewegen, der man Sorge tragen muss um ihre Schönheit zu erhalten. Dabei werden jedoch regelmäßig Konflikte zwischen dem Umweltschutz und dem Tourismus sichtbar, sei es in einer Diskussion um den Transport zu und innerhalb von Skigebieten, die Erschließung neuer Gebiete durch neue Bahnanlagen, positive und negative Aspekte von Großprojekten wie z.B. den Olympischen Spielen oder aktuell die Sorge um das Abschmelzen der Gletscher durch den Klimawandel.
Wintersportler und hier insbesondere Lehrpersonen sind sich dieser Auswirkungen des Wintersportes auf die Umwelt meist bewusst, da sie oft selbst direkt betroffen sind.
Neben diesen sichtbaren Auswirkungen sind Wintersportler auch weniger sichtbaren, ja oft auch unsichtbaren, Umweltproblemen in Bergregionen ausgesetzt. Während der Klimawandel breit diskutiert wird, sind Forschungsresultate über die Auswirkungen von gewissen Substanyen völlig unklar. Hierzu zählen zum Beispiel Plastikabfälle und Mikroplastik sowie der Eintrag von Skiwachsen und Imprägnierungsmittel in die alpinen Ökosysteme.
Während Plastikabfälle, wenn sie auf der Piste und neben den Berghütten und -restaurants liegen, für jeden sichtbar sind, lässt sich Mikroplastik nur schwer feststellen, oft nur mittels Mikroskop. Die Problematik der Skiwachse und Imprägnierungsmittel entziehen sich sogar dem geübten Auge und sind gänzlich unsichtbar. Und was mit dem Plastikmüll passiert, wenn er von den Berghütten und -restaurants gesammelt wird oder unter der Schneedecke verschwindet, sehen die Wenigsten.
„Aus den Augen aus dem Sinn“ mag sich jetzt manch einer denken. Was in den vergangenen Jahrzehnten noch möglich war, ist aufgrund der steigenden Anzahl an Menschen, die es in die Berge zieht, und der damit einhergehenden größeren Abfallmengen und anderen Einträgen, nicht mehr haltbar. Niemand hat natürlich ein Interesse, Berge von Plastikabfällen in den Bergen zu sehen. Aber auch deswegen, weil die alpinen Ökosysteme durch den fortschreitenden Klimawandel in den nächsten Jahrzehnten zusätzlich stark belastet werden.
Dieser Abschnitt ist keine breite Abhandlung aller Probleme der Berg-umwelt, die das Skifahren verursacht. Vielmehr soll an einigen Beispielen exemplarisch die sichtbaren und unsichtbaren Auswirkungen des Skisports auf die Umwelt aufgezeigt werden, um das Bewusstsein vor allem der Skilehrerinnen und Skilehrer zu stärken. Denn erst wenn die Probleme bewusst wahrgenommen werden, können diese thematisiert und Handlungsspielräume aufgezeigt werden. Zuvor soll aber noch auf die besondere Rolle der Lehrpersonen eingegangen werden.
Die Rolle der Skilehrerinnen und Skilehrer
Skilehrerinnen und Skilehrer spielen sowohl als Vorbild als auch als Meinungsbildner im Umgang mit Umweltproblematiken eine entscheidende Rolle. Sie sind jedoch oftmals sichtbar und werden darum von Vielen mit der Liebe zur Natur und der Berge verbunden. Skilehrerinnen und Skilehrer sind natürlich keine Umweltpädagogen. Es ist auch nicht deren Aufgabe einfache Antworten auf komplexe Umweltprobleme zu bieten.
Dennoch haben Skilehrerinnen und Skilehrer die einzigartige Gelegenheit auf Probleme hinzuweisen, Gedanken anzustoßen, um so das Bewusstsein der Kunden zu stärken. Hierbei steht im Zentrum, dass die Berge als Lebensraum erfahrbar gemacht werden und diese als Sehnsuchts- und Rückzugsort für die kommenden Generationen erhalten werden.
Handlungsspielräume für Wintersportler und Skischulen
Plastikabfälle und Mikroplastik
Kunststoffe sind zu einem der weltweit am häufigsten verwendeten Materialien geworden. Gemäß einem Bericht der Umweltorganisation der Vereinten Nationen (UNEP 2018), ist die weltweite Produktion von Kunststoffen seit 1950 um durchschnittlich 9% pro Jahr auf circa 300 Millionen Tonnen im Jahr 2016 gestiegen. Die Problematik der Kunststoffe, die in die Ozeane gelangen und dort die Ökosysteme schädigen, ist seit den 1970er Jahren bekannt. Die Forschung zu den Auswirkungen des Eintrags von Mikroplastikpartikel und Plastikabfällen in alpinen Regionen steckt jedoch noch in den Kinderschuhen.
Mikroplastik besteht aus kleinen Partikeln mit weniger als 5 mm Durchmesser. Diese künstlichen Partikel kommen weltweit in Gewässern, Straßen oder auch Hausstaub vor und kann sogar in entlegenen Bergregionen gefunden werden. Ihre Konzentrationen und Auswirkungen auf terrestrische Ökosysteme, vor allem in alpinen Regionen, sind jedoch noch kaum erforscht. Gemäß dem Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik gelangen rund 330 Tausend Tonnen in Deutschland pro Jahr in die Umwelt (Fraunhofer Institut 2019). Die drei größten Verursacher sind der Abrieb von Autoreifen, die Freisetzung bei der Abfallentsorgung und der Asphaltabrieb. In den Bergen kommt Mikroplastik vor allem über den Transport durch Niederschlagswasser und durch den Transport durch Winde in die Umwelt.
Handlungsspielräume im Bereich des Mikroplastik sind für Wintersportler vergleichsweise limitiert. In Europa bietet es sich an, falls möglich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen und gerade im Skigebiet auf das Auto zu verzichten. Dies trägt zu einer Verminderung des Reifen- und Asphaltabriebs, und somit des Eintrags von Mikroplastik, in den Bergregionen bei.
Kunststoffe als Makroplastik werden insbesondere durch Touristen in die alpinen Regionen gebracht oder dort als Verpackungsmaterial in den Umlauf gebracht. Der Plastikabfall dieser Kunststoffe wird nicht selten achtlos weggeworfen, oder muss in Berghütten und Restaurants mühsam gesammelt, rezykliert und in das Tal transportiert werden. Diese Praxis ist nicht nur kostenintensiv, sondern vor allem die Hauptursache für die Plastikverschmutzung der Bergregionen.
Gerade bei der Vermeidung von Plastikabfällen spielt jeder einzelne Wintersportler eine gewichtige Rolle, zum Beispiel im Verzicht auf Verpackungsmaterialien. Weiter sollte Plastikabfall von den Bergen ins Tal oder sogar ganz mit nach Hause genommen werden.
Handlungsspielräume für den Skifahrer ergeben sich hier insbesondere im Austausch von Plastik mit weniger problematischen Materialien (zum Beispiel eine Trinkflasche aus Aluminium). Skischulen können solche Handlungsvorschläge leicht in ihre Skischulprogramme aufnehmen (als Anstoß, zum Beispiel auf Plastikflaschen zu verzichten). Skilehrerinnen und Skilehrer können hier ebenfalls als Vorbild auftreten, wenn sie auf Plastik in der persönlichen Ausrüstung möglichst verzichten. Das Aufsammeln von sorglos fortgeworfenen Plastikabfällen auf der Piste kann zudem von Skilehrerinnen und Skilehrern spielerisch in den Unterricht aufgenommen werden.
Skiwachse und Imprägnierungen von Winterkleidung
Manche Skiwachse und Imprägnierungen von Winterkleidung bestehen teilweise aus fluorierten Verbindungen, sogenannten perfluorierten Kohlenwasserstoffen (PFCs). Die wasserabweisenden
Eigenschaften dieser Verbindungen sind gleichermaßen vorteilhaft für Funktionskleidung und die Präparierung von Skibelägen.
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die Gase und Partikel, die während der Imprägnierungs- und Wachsprozesse freigesetzt werden, vom Menschen aufgenommen werden und danach lange im Körper verbleiben. Es erfolgt sowohl ein Eintrag von PFCs in die Umwelt, ferner werden sie vom Körper des Skifahrers aufgenommen. PFCs sind persistent und verbleiben lange Zeit in Ökosystemen, bevor sie abgebaut werden. Obwohl wissenschaftlich noch nicht eindeutig bewiesen ist, welche Auswirkungen diese Chemikalien auf Menschen, Tier und Umwelt haben, ist es im Anbetracht des Vorsorgeprinzips und Aufgrund bereits bekannter problematischer
Eigenschaften sinnvoll, PFCs zu reduzieren. Bereits heute werden viele dieser Substanzen auf internationaler und nationaler Ebene reguliert und teilweise verboten (Stockholmer Übereinkommen 2019).
Handspielräume ergeben sich für Wintersportler bei der Auswahl der Funktionskleidung, dem Imprägnierungsmitteln und der Skiwachse. Viele Firmen, die Wachse und Skikleidung herstellen, setzen schon lange auf PFC-freie Alternativen und werben damit auf ihren Internetseiten. Manche Hersteller von Skiwachsen setzen sogar auf Produkte, die mit natürlichen Rohstoffen auf Sojabasis hergestellt werden.
Schlusswort
Die Handlungsempfehlungen, die in diesem Kapitel exemplarisch aufgezeigt wurden, sind selbstverständlich nicht von weisender Natur. Es ist jedem selbst überlassen, sich in den Bergen wie er oder sie will zu bewegen – natürlich mit dem notwendigen Respekt für Mensch und Umwelt und gemäß den geltenden Regeln. Jeder Wintersportler sollte sich jedoch ein Mindestmaß an Wissen aneignen, um die Berge so zu erhalten, wie wir sie gerne an unsere Kinder weitergeben wollen: als Ort der Entspannung und Erholung vom Alltag.
Weiterführende Literatur:
UNEP 2018: Morten W. Ryberg, Alexis Laurent, Michael Hauschild, Mapping of global plastics value chain and plastics losses to the environment – With a particular focus on marine environment (http://wedocs.unep.org/bitstream/handle/20.500.11822/26745/mapping_plastics.pdf)
Fraunhofer Institut 2018: Jürgen Bertling, Ralf Bertling, Leandra Hamann, Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik (https://www.umsicht.fraunhofer.de/content/dam/umsicht/de/dokumente/publikationen/2018/kunststoffe-id-umwelt-konsortialstudie-mikroplastik.pdf)
Stockholmer Übereinkommen 2019: http://chm.pops.int/Implementation/IndustrialPOPs/PFOS/Overview/tabid/5221/Default.aspx